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Stapje für Stapje ins Leben E-Mail

WAZ Gladbeck, 23.08.2007   Von Maria Lüning

Opstapje, ein in Holland erprobtes Spiel- und Lernprogramm, ist jetzt in Gladbeck angekommen. Das Projekt wurde von Kinderschutzbund und SkF initiiert. In Zweckel wird es umgesetzt.  "Hoppe, hoppe Reiter . . ." Eigentlich kinderleicht, so ein Kinder(sing)spiel.

Wie´s geht, weiß Claudia Saniecki: Sie hat schließlich drei Kinder. Was die 27-Jährige aus Zweckel geradezu prädestiniert, als Hausbesucherin bei anderen Familien tätig zu werden. Um Müttern und Kindern zu zeigen, wie man spielt, bastelt, erzählt und kuschelt. Das ist das Prinzip von Opstapje, einem in Holland entwickelten und erprobten Spiel- und Lernprogramm für anderhalb- bis dreijährige Kinder. Bei Opstapje passiert das, was eigentlich in jeder Familie selbstverständlich sein sollte, aber nicht immer getan wird: Sich mit den Kindern zu beschäftigen, Schritt für Schritt - so die Übersetzung des holländischen Worts - alle ihre Sinne zu wecken. Frühförderung ist das im weitesten Sinne und funktioniert bei Opstapje ganz ohne erhobenen pädagogischen Zeigefinger. Denn Claudia Saniecki wird zwar geschult, hat aber keine pädagogische Ausbildung. Sie ist "nur" Mutter.

"Entdeckt" wurde Opstapje vom Kinderschutzbund und dem Skf (Sozialdienst kath. Frauen). Irene Gosepath und Irmgard Otters brachten die Idee in die Werkstatt Bildung im städtischen Bündnis für Familien ein. Agnes Stappert (Amt für Jugend, Familie, Soziales) griff sie auf - und ein Sponsor wurde ebenfalls gefunden: Die Volksbank Ruhr Mitte legt zum Projektstart erst einmal 5000 Euro auf den Tisch, damit Spiel- und Bastelmaterialien gekauft und die Hausbesucherinnen (es wird zwei geben) geschult werden können. Vorstandsmitglied Dieter Blanck hat sich von den engagierten Frauen des Kinderschutzbunds und im SkF überzeugen lassen: "Das Programm passt zu uns." Denn solche Beiträge für die Gesellschaft und das Ruhrgebiet will die Bank mit ihrem Sponsoring leisten. "Präventive Arbeit bei kleinen Kindern", davon ist Blanck überzeugt, "macht mehr Sinn als teure Reparaturarbeit bei den größeren." Deshalb unterstützt die Volksbank den Kinderschutzbund auch bei anderen Projekten, sie finanziert seit dem Frühjahr die Sprachförderung an der Uhlandschule.

Dass Opstapje funktioniert, haben Studien in Bremen und Nürnberg bewiesen, wo das Lernprogramm bereits modellhaft erprobt wurde. Die Kinder, in deren Familie sonst wenig oder gar nicht gespielt, gesungen, geredet wurde, kamen durch die Opstapje-Förderung besser vorbereitet in den Kindergarten als Kinder aus vergleichbaren Familien. Chancengleichheit wird so hergestellt, die genutzt werden sollte. 15 Kinder aus Zweckel, aus deutschen und aus Migrantenfamilien, sollen beim ersten Durchlauf von Opstapje diese Chance bekommen.

Dass sicher viel mehr Gladbecker Kinder eine solche Förderung brauchen könnten, davon ist nicht nur Dieter Blanck überzeugt, der eine weitere Unterstützung im nächsten Jahr nicht ausschließt. "Die Gesellschaft steht vor einer Herausforderung, was Familien angeht", weiß Agnes Stappert aus langjähriger Erfahrung. Viele Kinder "verkümmerten" regelrecht, weil ihre Eltern das Erziehen, das "Kümmern" selbst nicht gelernt hätten. Oder als Migranten im fremden Deutschland heimat- und kulturlos sind. Oder weil Familie heute oftmals nicht mehr so funktioniert wie früher. Opstapje soll ein Stück Familienbildung für die Familien sein, die andere Angebote für sich und ihre Kinder nicht wahrnehmen.

Ein Jahr lang wird deshalb Claudia Saniecki einmal in der Woche zu Besuch kommen und jedes Mal ein neues Spiel oder Lied mitbringen, das die Mütter mit den Kindern die Woche über üben. Denn Kinder, das weiß man, lernen am besten durch Wiederholung. Und wenn sie Spaß haben. So wie bei "Hoppe, hoppe Reiter", das übrigens so weiter geht: "wenn er fällt, dann schreit er. Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben. Fällt er in den Sumpf, macht der Reiter pluuumps!" Wetten, dass dabei jedes Kind juchzt!

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 18. November 2009 um 14:49 Uhr